St. Andreas Kirche Ummerstadt
Ummerstadt besitzt heute zwei Kirchen. Die „Stadtkirche“ und die Kirche „auf dem Berge“.
Sie sind unterschiedlich alt. Der Ursprung bei beiden Gotteshäusern ist leider nicht feststellbar, da im 30-jährigen Krieg alle alten Unterlagen, auch die über den Kirchenbau, vernichtet worden sind.
Die Andreaskirche ist zweifellos die ältere der beiden Kirchen in Ummerstadt. Schon um 750 tauchten im damaligen fränkischen Herrschaftsgebiet bei Kapellen und Kirchen der Name „Andreas“ als Namensträger auf.
St. Andreas soll ein Bruder des Simon Petrus gewesen sein. Es wird berichtet dass er zu Zeiten des römischen Kaisers Nero in der Stadt Patras an einem Kreuz mit schrägen Balken (Andreaskreuz) gebunden wurde und dort am einem 30. November verstorben sei.
Der Apostel Andreas stand bereits bei den iroschottischen Mönchen in hohem Ansehen, wie Dr. Heins in der Festschrift zur 1100 Jahrfeier der Stadt Ummerstadt bemerkt.
Er ist der Schutzpatron einiger Länder wie Russland, Schottland, Spanien und Griechenland sowie vieler Städte (z.B. Neapel, Ravenna, Brescia, Amalfi, Mantua, Bordeaux, Brügge und Patras)
Gleichzeitig ist der der Beschützer der Fischhändler, Bergleute, Seiler, Metzger und Wasserträger und wird für Ehevermittlung, Eheglück und Kindersegen; gegen Gicht, Halsschmerzen, Krämpfe und Rotlauf (Andreaskrankheit) angerufen. Mit St. Andreas sind auch einige Bauernregeln verbunden. (wie: „Schau in der Andreasnacht, was für Gesicht das Wetter macht: So wie es ausschaut, glaub’s fürwahr, bringt’s gutes oder schlechtes Jahr“ oder „Wirft herab Andreas Schnee, tut’s dem Korn und Weizen weh.“)
Wann der „Kirche auf dem Berg“ den Namen „St. Andreas“ übertragen wurde ist nicht bekannt.
Sie war einstmals die erste Pfarrkirche unseres Ortes. Ursprünglich als Wehrkirche geplant, war sie von einer hohen Mauer und Wällen umgeben, die heute noch teilweise zu sehen sind.
Auf diese Nutzung deuten auch der befestigte Eingang der Wehranlage und der ursprüngliche Kirchturm selbst hin. Dieser mit Turmhaube über 45 m hohe Turm könnte ein Wartturm gewesen sein, wie sie schon zur Zeit der Christianisierung gebaut worden sind, um die für das Christentum gewonnen Siedler gegen Angriffe aus den nicht christianisierten Ländern, besonders aus dem Osten, zu schützen (Dr. Heins in der Festschrift zur 1100 Jahrfeier der Stadt Ummerstadt).
Wenn man einen Zeitraum für die Errichtung der Kirche festlegen will, so kann man sich nur am Baustil orientieren. Die St. Andreaskirche ist im romanischen Baustil erbaut. Diese Bauweise, u.a. an den Rundbögen der Türen und Fenster leicht zu erkennen, war der beherrschende Baustil zwischen den Jahren 950 bis 1250. In diese Zeit kann man die Aufrichtung der Kirche setzen.
Es gibt aber auch Stimmen die aufgrund des Grundrisses der Kirche, der eine Ähnlichkeit mit Kirchen aus dem 7. oder 8. Jahrhundert aufweist, meinen, die St. Andreaskirche könnte schon um 700 gebaut worden sein. Beweise gibt es dafür nicht.
Eine seltene Besonderheit dieses, mit vier kleinen Beobachtungstürmen versehenen, Kirchturms ist die Verdrehung der Turmhaube nach links.
In Deutschland gibt es einige wenige Türme mit diesem Effekt (19). Für diese Verdrehungen gibt es verschiedene Erklärungen.
Man hat in früheren Jahren erzählt, dass der Teufel die Kirche zerstören wollte und deshalb um das Kirchengebäude gekreist sei. Die Zerstörung sei nicht gelungen. Er konnte also gegen die Macht des Glaubens nicht so viel ausrichten. Das Ergebnis sei nur die Verdrehung der Dachhaube.
In der Realität führt man diesen Effekt auf einen Baufehler der Zimmerleute zurück. Demnach dreht sich bei fehlender oder unzureichender Horizontalversteifung durch das Schwinden des Holzes beim Austrocknen und durch das Eigengewicht von Dachstuhl und Dachhaut die Turmhaube.
Eine zweite Erklärung sagt aber, dass es , besonders bei stark und regelmäßig gedrehten Turmhelmen, möglich ist, dass der Effekt mit Absicht herbeigeführt wurde. Man wollte gegen Ende des Mittelalters damit die Wohlhabenheit und die Geltung der Stadt demonstrieren, denn einen nicht verdrehten Turm konnte ja jeder bauen.
Bei dem Turm in Ummerstadt ist die Drehung auf Bildern deutlich sichtbar, aber wegen der Zerstörung des Turmes kann nicht mehr geprüft werden ob die Drehung absichtlich oder durch einen Baufehler entstanden ist.
Die erste namentliche Erwähnung eines Pfarrers von Ummerstadt erfolgte 1290 in einer Schenkungsurkunde, in der als Zeuge u. a. ein Ummerstadter Pfarrer mit Namen Ludwig genannt wird. Danach ist lange Zeit von einer selbständigen Pfarrei Ummerstadt nicht die Rede. Unsere Stadt scheint Teil der Pfarrei Heldburg gewesen zu sein, aus der sie 1448 wieder ausschied. Die Andreaskirche war also damals keine Friedhofskirche, sondern sie diente dem Schutz der Ummerstadter Bevölkerung. Die Mauern sind wahrscheinlich im 16. Jahrhundert gebaut worden. Innerhalb der Mauern, die damals fast doppelt so hoch waren, standen so genannte Gaden. Das sind an den Außenmauern der Kirchenburg gebaute, einräumige, fensterlose Lagergebäude, in denen man in ruhigen Zeiten im Notfall, in unruhigen Zeiten immer, die Erntevorräte sicher aufbewahrte.
Ab 1569 soll innerhalb der Mauern auch ein Schulgebäude gestanden haben, in das 1684 auch ein Backofen eingebaut wurde, damit die Bürger, die in der Nähe der Wehrkirche wohnten, diesen gegen einen Backlohn von 2 Pfg. nutzen konnten. Das Schulgebäude wurde später als Wohnraum genutzt. 1839 ließ die Stadt eine Leichenstube dort einrichten. 1849 wurden aufgrund einer Vergrößerung des Friedhofes alle Einrichtungen die innerhalb der Mauern standen, weggeräumt.
Betreten konnte man den ummauerten Raum nur durch den Turm an der Friedhofsmauer. Der Wehrturm war wohl früher höher als heute. Wahrscheinlich haben ein oder zwei Stockwerke aus Fachwerk den heutigen Turm ergänzt. In dem Turm hing auch von 1632 bis 1682 das Rathausglöckchen. (Das Rathaus war 1632 abgebrannt worden) Solange der Turm als Gefängnis benutzt wurde, gab es keinen Zugang vom Friedhofsweg. Dieser Eingang wurde erst 1849 geschaffen, als man in der Bastion ein Bahrhaus einrichtete. In das zweite Stockwerk konnte man nur über den heute noch zu sehenden Wehrgang gelangen.
Am Eingangsturm sieht man so genannte Schliffrillen oder Wetzrillen, von deren Entstehen man glaubt, dass sie von feindlichen Soldaten verursacht worden seien. Sie hätten ihre Säbel gerne an kirchlichen Gebäuden gewetzt, um einen besonderen Segen für ihre Waffen zu erreichen. In Wirklichkeit sind sie wohl durch das Schärfen der Werkzeuge von Handwerkern erzeugt worden. Seit wann der Raum um die St. Andreaskirche als Friedhof genutzt wurde, ist nicht bekannt. Fest steht nur, dass um 1578, als Michael Rodius (Röder) von Gompertshausen in Ummerstadt Pfarrer war, die Ummerstadter ihre Toten schon an der „Kirche auf dem Berge“ begraben haben.
Die Kirche selbst ist, wie schon gesagt, sehr alt und darf als das älteste Gebäude der Stadt angesehen werden.
Sie war zunächst, bis zum Bau der Stadtkirche, auch Pfarrkirche der Stadt.
Das fast fensterlose Kirchenschiff war anfangs in ein geheimnisvolles Dunkel gehüllt. Man brauchte damals auch kein Licht, da die Menschen nicht lesen konnten und nur zum Beten und Zuhören in die Kirche kamen. Der Pfarrer amtierte am Altar im Kerzenschein. Seit wann der Raum um die St. Andreaskirche als Friedhof genutzt wurde, ist nicht bekannt. Fest steht nur, dass um 1578, als Michael Rodius (Röder) von Gompertshausen in Ummerstadt Pfarrer war, die Ummerstadter ihre Toten schon an der „Kirche auf dem Berge“ begraben haben.
Die Kirche selbst ist, wie schon gesagt, sehr alt und darf als das älteste Gebäude der Stadt angesehen werden.
Sie war zunächst, bis zum Bau der Stadtkirche, auch Pfarrkirche der Stadt. Nachdem sich 1528 auch Ummerstadt im Zuge der Reformation dem evangelischen Glauben anschloss, wurde die St. Andreaskirche, die auch mal St. Bartholomäus Kapelle (1448) genannt wurde, 1586, so berichtete Pfarrer Nikolaus Annemüller, umgebaut. Der Altar der viele Jahre zuvor niedergelegt und eingerissen worden sei, soll wieder aufgebaut worden sein. Ein „großes Fensterloch“ wurde durch die Wand gebrochen, und das Dach wurde erneuert. Dennoch wurde die St. Andreaskirche schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr für die regelmäßigen Gottesdienste genutzt. Sie wurden in der bequemer zu erreichenden Stadtkirche abgehalten. Erst als diese 1632 ausbrannte, wurden die Gottesdienste wieder oben auf dem Berg gefeiert.
1633 wurden in der St. Andreaskirche neue Emporen errichtet, der Chor erweitert, zwei weitere Türen (wahrscheinlich die bei der Kanzel und die zur Sakristei führende) eingebaut und wieder ein neuer Altar errichtet. Die Sakristei steht nicht mehr. Sie wurde, so wird berichtet, auf Veranlassung des Pfarrers Johann Philipp Horn (Pfarrer in Ummerstadt von 1863 bis 1874) abgebrochen, da er eine weisse Gestalt in der Sakristei gesehen haben will.
1765/66 standen erneut umfangreiche Reparaturen an. Der Dachstuhl der Kirche wurde erneuert, der Himmel wurde gewölbt, und die Brüstung der Emporen wurde mit geleimten Tafeln versehen.
1858 wurde mit Hilfe einer Spende von Nicol Rosa in die St. Andreaskirche eine Orgel eingebaut. 1903 spendete Frau Karoline Genßler, geb. Schmidt zwei Glocken für die Friedhofskirche. Eine davon musste zwar 1917 an die Heeresverwaltung abgeliefert werden, wurde aber schon 1919 ersetzt. Am 6. Juni 1861, wie auch schon im Jahre 1835 und 1836, schlug der Blitz in den Kirchturm der St. Andreaskirche ein und verursachte erheblichen Schaden, der aber durch eine Versicherung gedeckt war. 1864 erhielten beide Kirchen unserer Stadt einen Blitzableiter, um weitere Schäden durch Blitzeinschlag zu vermeiden.
1934 wurden noch einmal umfangreiche Verschönerungsarbeiten an der Kirche durchgeführt. So wurden die Außenwände isoliert und neu verfugt. Die Innenwände und die Emporen wurden neu gestrichen, der Fußboden erneuert und ein buntes Fernster in die Altarhalle eingesetzt.
Am Ende des 2. Weltkrieges beim Einmarsch der Amerikaner in Ummerstadt geriet die St. Andreaskirche in Brand. In der Nacht vom 11. zum 12. April war in der Kirche, wahrscheinlich durch Beschuss mit Brandmunition, ein Feuer ausgebrochen, das den über 45 m hohen Turm, der von vier Ecktürmchen umgeben war, lichterloh in Flammen setzte. Der Turm stürzte brennend auf das Kirchendach und vollendete so die totale Zerstörung. Wie durch ein Wunder blieb das Altarfenster unbeschädigt. Löschversuche waren auch deshalb vergeblich, weil die vorhandene Feuerspritze (es wurde noch mit der Hand gepumpt) den nötigen Druck nicht aufbauen konnte, um Löschwasser vom Marktbrunnen zum Brandherd auf den Berg zu bringen. So wurde die alte St. Andreaskirche, das Wahrzeichen der Stadt Ummerstadt, zur Ruine.
Unter Mithilfe aller Einwohner Ummerstadts wurde zunächst das Kirchenschiff neu überdacht. Um die nötigen Geldmittel zu beschaffen wurde u.a. ein Fußballspiel (Alte Herren gegen 1. Mannschaft) veranstaltet und Spenden (von Maja Eck sogar in Amerika) gesammelt. Später erhielt auch der Turm ein Notdach. Das sehr provisorisch mit Dachpappe gedeckte Dach des Turms wurde später durch das noch heute vorhandene mit Ziegel gedeckte Dach ersetzt. Erst um 1960 konnte die Kirche so hergerichtet werden, dass der damalige thüringische Landesbischof Dr. Moritz Mitzenheim das Gotteshaus, unter großer Anteilnahme der Ummerstadter Einwohner, wieder einweihen konnte. Die Kirche wurde aber nicht mehr so hergestellt, wie sie früher war. Der stolze Kirchturm konnte nicht wieder aufgebaut werden.
Das provisorische Zeltdach steht bis heute und der Auftrag, die St. Andreaskirche wieder im alten Glanz erstehen zu lassen, bleibt.